Leitfaden zur Pflichtteilsberechnung

Der Pflichtteil im Erbrecht – Ihre finanzielle Absicherung trotz Enterbung

Viele Mandanten sind überrascht, wenn sie erfahren: Auch wenn Sie enterbt wurden oder nur teilweise im Testament berücksichtigt sind, steht Ihnen als naher Angehöriger ein Pflichtteil zu. Doch wie wird dieser Pflichtteil berechnet? Welche Faktoren sind entscheidend, und was können Sie als Pflichtteilsberechtigter tun, um Ihren Anspruch durchzusetzen?
Ich, Rechtsanwalt Helmut Kirchhoff aus Berlin, zeige Ihnen Schritt für Schritt, wie die Pflichtteilsberechnung abläuft und worauf Sie unbedingt achten sollten.

Was ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil ist ein gesetzlich garantierter Anspruch auf einen bestimmten Teil des Nachlasses. Er steht Kindern, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern und – in bestimmten Fällen – Eltern des Verstorbenen zu. Ziel ist es, die engsten Angehörigen auch dann am Vermögen zu beteiligen, wenn sie testamentarisch ausgeschlossen wurden.

Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?

Pflichtteilsberechtigt sind:

  • Kinder (und Enkel, falls ein Kind verstorben ist)

  • Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner

  • Eltern des Erblassers, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind

Nicht anspruchsberechtigt sind:

  • Geschwister

  • Nichten und Neffen

  • andere Verwandte

Beispiel:
Herr Müller hat zwei Kinder. Im Testament setzt er nur eines der Kinder als Alleinerben ein. Das andere Kind ist damit enterbt und hat Anspruch auf seinen Pflichtteil.

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Grundsätzlich beträgt der Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Das bedeutet: Zunächst wird berechnet, wie groß der Anteil des Berechtigten nach gesetzlicher Erbfolge wäre. Davon steht ihm 50 % als Pflichtteil zu.

Beispiel 1 – Ein Kind:
Erblasser hinterlässt ein Kind und keinen Ehepartner.
Gesetzlicher Erbteil: 100 %
Pflichtteil: 50 %

Beispiel 2 – Zwei Kinder:
Erblasser hinterlässt zwei Kinder.
Gesetzlicher Erbteil je Kind: 50 %
Pflichtteil: 25 % des Nachlasses je Kind

Beispiel 3 – Ehepartner und Kinder:
Erblasser hinterlässt einen Ehepartner und zwei Kinder.
Gesetzlicher Erbteil Ehepartner: 1/2
Gesetzlicher Erbteil je Kind: je 1/4
Pflichtteil Ehepartner: 1/4
Pflichtteil je Kind: 1/8

Wie wird der Wert des Nachlasses ermittelt?

Für die Pflichtteilsberechnung wird der Netto-Nachlasswert ermittelt:

1. Bewertung aller Vermögenswerte:

  • Immobilien (Verkehrswert)

  • Bankguthaben

  • Wertpapiere

  • Hausrat

  • Fahrzeuge

  • Unternehmensanteile

  • Forderungen gegen Dritte

2. Abzug der Nachlassverbindlichkeiten:

  • Beerdigungskosten

  • Nachlassschulden

  • Erbfallschulden

  • Verbindlichkeiten des Erblassers

Beispiel:

Immobilie: 400.000 €
Bankguthaben: 50.000 €
Fahrzeug: 10.000 €
Summe Aktiva: 460.000 €
Schulden: 60.000 €
Netto-Nachlass: 400.000 €


Pflichtteil berechnen – so geht es Schritt für Schritt

1️⃣ Gesetzlichen Erbteil bestimmen:
Ermitteln Sie, welchen Anteil Sie nach gesetzlicher Erbfolge bekämen.

2️⃣ Pflichtteil festlegen:
Die Hälfte des gesetzlichen Erbteils entspricht dem Pflichtteil.

3️⃣ Nachlasswert ermitteln:
Alle Vermögenswerte erfassen und Verbindlichkeiten abziehen.

4️⃣ Pflichtteilsquote anwenden:
Pflichtteilsquote × Nachlasswert = Pflichtteilsanspruch.


Beispiel zur Veranschaulichung

Sachverhalt:
Ein Erblasser hinterlässt Ehepartner und zwei Kinder.
Nachlass: 300.000 €
Gesetzlicher Erbteil des Ehepartners: 1/2
Gesetzlicher Erbteil je Kind: 1/4
Pflichtteil des Ehepartners: 1/4 = 75.000 €
Pflichtteil je Kind: 1/8 = 37.500 €


Pflichtteilsergänzungsanspruch – Schenkungen berücksichtigen

Viele Erblasser verschenken noch zu Lebzeiten Teile ihres Vermögens, um den Nachlass zu reduzieren. Solche Schenkungen werden für den Pflichtteil ergänzend angerechnet (§ 2325 BGB).

Grundsatz:
Schenkungen innerhalb von 10 Jahren vor dem Tod erhöhen den Pflichtteil anteilig.

Abschmelzungsmodell:
Für jedes Jahr vor dem Erbfall reduziert sich der anzurechnende Wert um 10 %.

Beispiel:
Schenkung Hauswert: 200.000 €
Zeitpunkt: 3 Jahre vor Tod
Anrechnung: 200.000 € × 70 % = 140.000 €

Diese 140.000 € werden dem Nachlasswert zugerechnet.

Pflichtteilsrecht bei besonderen Konstellationen

Berliner Testament:
Beim Berliner Testament setzen sich Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein. Kinder erben erst nach dem Tod des überlebenden Ehepartners. Kinder können dennoch beim ersten Erbfall ihren Pflichtteil verlangen – mit oft weitreichenden Folgen für den verbliebenen Elternteil.

Vermächtnisse:
Auch Vermächtnisse an Dritte, die Ihren Erbanteil verringern, können einen Pflichtteilsanspruch auslösen.

Enterbung:
Eine ausdrückliche Enterbung führt unmittelbar zu einem Pflichtteilsanspruch.

Auskunftsrecht und Wertermittlung

Als Pflichtteilsberechtigter haben Sie Anspruch auf:

Erstellung eines Nachlassverzeichnisses (§ 2314 BGB)
Einsicht in Kontounterlagen und Verträge
Erstellung von Gutachten zur Wertermittlung von Immobilien, Schmuck, Kunst

Dieses Auskunftsrecht ist die Basis für eine korrekte Pflichtteilsberechnung. Der Erbe ist verpflichtet, alle Angaben offen zu legen.

Verjährung: Fristen beachten

Ihr Pflichtteilsanspruch verjährt drei Jahre nach Kenntnis vom Erbfall und der Enterbung (§ 195 BGB).

Beispiel:
Testament eröffnet am 20.07.2023 → Verjährungsbeginn: 31.12.2023
Verjährungsende: 31.12.2026

Sichern Sie Ihre Ansprüche daher rechtzeitig.

Vorteile einer anwaltlichen Unterstützung

Die Pflichtteilsberechnung ist oft komplex. Immobilienbewertungen, Schenkungsanrechnung und Auseinandersetzungen mit Miterben stellen erhebliche Herausforderungen dar.

Als erfahrener Rechtsanwalt für Erbrecht biete ich Ihnen:

🔹 Detaillierte Pflichtteilsberechnung
🔹 Professionelle Wertermittlung
🔹 Durchsetzung Ihrer Ansprüche außergerichtlich und gerichtlich
🔹 Transparente Beratung zu Kosten und Risiken

Jetzt Kontakt aufnehmen und Pflichtteil prüfen lassen

Wenn Sie wissen möchten, ob Ihr Pflichtteil korrekt berechnet wurde oder ob Sie Anspruch auf eine Pflichtteilsergänzung haben, kontaktieren Sie mich unverbindlich:

Ich unterstütze Sie dabei, Ihr Recht durchzusetzen.

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